I.N.T.R.O.
am Dienstag, 30. Januar 2007, 17:50 im Topic 'Musik'
"Musik ist nichts rationales, Musik muss Emotionen wecken."
2007 – 22 metallische Jahre im Zeiraffer
Im Jahre des Herrn 1985...die Neue Deutsche Welle beherrschte die Charts und man betrieb Tapetrading im kleinen Stil. Ab und an tauschte man Kassetten mit den neuesten Songs, teilweise noch aus dem Radio aufgenommen. Man konnte ja nicht das gesamte Taschengeld für die neuesten Singles ausgeben.
Auf einer dieser Kassetten befand sich auf der unbeschrifteten B-Seite Iron Maidens "Number of the Beast". Völlig fasziniert saß ich damals vor meiner Anlage und lauschte den ungewohnten Klängen, die da aus den Boxen dröhnten.
Ich war angefixt. Am nächsten Tag führte mich mein Weg direkt zum Plattendealer meines Vertrauens und ich griff das Teil ab. Meine erste Metal-Scheibe.
Nach und nach erweiterte ich meine Platten um die bis dahin erschienen anderen vier Maiden-Releases und wagte dann den Blick über den Tellerrand – und erblickte eine Welt voller geiler Bands. Judas Priest, Venom, Motörhead, Kreator, Sodom, Slayer...ich war endgültig bekehrt und lief mit wehenden Fahnen zum einzig wahren Glauben, zur reinen metallischen Lehre über.
Von da an war ich Stammkunde bei meinem Plattendealer, der seine Pappenheimer ja kannte und ab und an mal auch was feines rares unter der Ladentheke verhökerte.
Ganz besonders beeindruckt haben mich damals Venom. Die Jungs waren zwar weiss Gott keine virtuosen Musiker, aber dermaßen köstliche Zeitgenossen, die hätten auch Gebetsmühlen nach Tibet oder Kühlschränke nach Grönland exportiert. Außerdem trieben sie ihr satanisches Image auf die Spitze. Engländer eben, mit diesem ganz besonderen Sinn für Übertreibungen und Humor.
Mit der Zeit lernte man auch immer mehr Gleichgesinnte kennen und betrieb dann Tapetrading im großen Stil.
Als ich das erste mal Slayer hörte, fand ich es unglaublich, dass man so schnell spielen kann. 1986 kam dann "Reign in Blood". Was für eine Götterscheibe! Nackte Gewalt, kalte Wut in Vinyl gepresst. Bis heute unerreicht und nix für Warmduscher.
Ich hatte ja keine Ahnung, dass es noch wesentlich schneller ging. Bewusst wurde mir das endgültig 1989, als Morbid Angel mit "Altars of Madness" die Death Metal-Welle lostraten. Death Metal war aber nie meine bevorzugte Baustelle.
Im selben Jahr (1989 – oder war es 1990?) kam dann das erste Metal-Konzert: Metallica in der Dortmunder Westfalenhalle auf der "...and Justice for all"-Tour. Der absolute Wahnsinn, auch wenn ich am nächsten Tag Nackenschmerzen vom Headbangen hatte. Nein, lange Haare trug ich nie, bangen kann man auch ohne.
Das Outfit musste natürlich angepasst werden. Mein erstes Metal-Shirt (Sepultura) habe ich heute noch. Dazu die obligatorische Kutte, die leider bei einem Wohnungsbrand Jahre später ihr Ende.
Ende der Neunziger Jahre verlor ich die Metal-Szene etwas aus dem Blick, bis ich irgendwann mal wieder zum führenden Hartwurst-Magazin (Rock Hard) griff und erfreut feststellte, dass Bruce Dickinson wieder zu Maiden zurückkehrte. Sein Nachfolger am Mikro, Blaze Bayley, hatte ihn nie vollwertig ersetzen können. Ich weiss bis heute nicht, ob mir die beiden Scheiben mit Blaze Bayley am Mikro gefallen oder nicht – vermutlich letzteres.
Zwischendurch hielt man sich mit diversen Outputs anderer Bands über Wasser – aber irgendwie war der Spirit der Anfangstage weg. Bis dann plötzlich Hammerfall auf der Bildfläche erschienen und die gesamte Metal-Presse jubilierte, dass da eine ach so originelle Truppe am Start war, die guten 80er-Metal servierte.
Das war doch mal was, musste ich mir doch glatt mal anhören. Nachdem ich mir das Zeug angetan hatte, war ich der festen Überzeugung, dass sämtliche Plattenkritiker unter Drogeneinfluß gestanden haben mussten. Was sollte denn daran so toll sein? Typische 80er Mucke, aber das hatte ich alles schon gehört und zwar besser. Nämlich von den Originalen aus eben jenen achtziger Jahren.
Darauf folgte der kurzzeitige Glaubenskrieg zwischen "Nu Metal" und "True Metal". Wasn Quatsch! Wenn die jeweiligen "Nu Metal"-Gruppen auch mal zwanzig Jahre durchhalten, dann kann man ja noch mal drüber reden. Aber in zwanzig Jahren wird es die alle nicht mehr geben.
Im Jahr 2002 fand ich dann durch den Abdruck eines Leserbriefes im Rock Hard Kontakt zu einigen Essener Nachwuchs-Metallern. Einer davon hatte durch einen Dritten mal ein Tape in die Finger bekommen, dass ich für den Bruder eines guten Freundes bespielt hatte, der gerade anfing, sich näher mit der besten Musik der Welt zu beschäftigen und war prompt infiziert worden.
Meine in die ewigen Jagdgründe eingegangene Kutte hat mittlerweile einen Nachfolger erhalten und das ein oder andere Shirt kam ebenfalls dazu. Zu den ersten Maiden-Platten gesellten sich im Laufe der Jahre weitere 80 Vinyl-LPs und roundabout 350 CDs.
Eine Mitschülerin hat mich mal gefragt, was ich an diesem "Krach" so toll finde und warum die Cover der Metal-Platten immer so brutal und blutrünstig seien.
Was die Cover angeht: Irgendwie muss man sich ja von der Masse abheben. Ausserdem ist Metal nun mal anders. Nix heile Welt und Tralala. Und in Bezug auf die Musik (den "Krach"): Metal ist ehrlich. Die Musiker schreiben ihre Stücke und die Texte selber, haben was zu sagen, nehmen auch ab und an mal Bezug zu aktuellen Themen, sparen auch politisches nicht aus.
Und es gibt wohl keine andere Szene, die so entspannt und friedlich miteinander Zeit verbringt. Zusammenhalt und Loyalität werden groß geschrieben. Herkunft, Aussehen oder sozialer Status spielen überhaupt keine Rolle.
Die etablierten Acts können von ihrer Musik leben, begehen dabei aber eine Gratwanderung zwischen Akzeptanz und Ablehnung. Bestes Beispiel: Metallica. Mit ihren ersten vier Alben haben sie Meilensteine im Metal gesetzt, Klassiker produziert - bereits 1991 begingen sie mit dem fünften Output "Verrat". Die Musik wurde plötzlich dem Mainstream angepasst, man wurde 'Bravo'-kompatibel, knackte die Charts und heimste Grammys ein. Die Szene wand sich kopfschüttelnd und angewidert ab. Daran änderte auch das 1998er Coveralbum Garage Inc. nichts mehr – eben weil es ausschließlich Cover enthielt und nicht einen einzigen neuen Metallica-Song. Heute sind sie eine der größten Rock-Bands (Rock, nicht Metal!), der halbherzige Versuch mit dem 2003 erschienenen Album "St. Anger" wieder zu den Wurzeln zu finden ging grandios daneben.
Kleiner Anspieltipp: Beethovens "Neunte Symphonie" rockt wie Sau! Kein Scherz...
2007 – 22 metallische Jahre im Zeiraffer
Im Jahre des Herrn 1985...die Neue Deutsche Welle beherrschte die Charts und man betrieb Tapetrading im kleinen Stil. Ab und an tauschte man Kassetten mit den neuesten Songs, teilweise noch aus dem Radio aufgenommen. Man konnte ja nicht das gesamte Taschengeld für die neuesten Singles ausgeben.
Auf einer dieser Kassetten befand sich auf der unbeschrifteten B-Seite Iron Maidens "Number of the Beast". Völlig fasziniert saß ich damals vor meiner Anlage und lauschte den ungewohnten Klängen, die da aus den Boxen dröhnten.
Ich war angefixt. Am nächsten Tag führte mich mein Weg direkt zum Plattendealer meines Vertrauens und ich griff das Teil ab. Meine erste Metal-Scheibe.
Nach und nach erweiterte ich meine Platten um die bis dahin erschienen anderen vier Maiden-Releases und wagte dann den Blick über den Tellerrand – und erblickte eine Welt voller geiler Bands. Judas Priest, Venom, Motörhead, Kreator, Sodom, Slayer...ich war endgültig bekehrt und lief mit wehenden Fahnen zum einzig wahren Glauben, zur reinen metallischen Lehre über.
Von da an war ich Stammkunde bei meinem Plattendealer, der seine Pappenheimer ja kannte und ab und an mal auch was feines rares unter der Ladentheke verhökerte.
Ganz besonders beeindruckt haben mich damals Venom. Die Jungs waren zwar weiss Gott keine virtuosen Musiker, aber dermaßen köstliche Zeitgenossen, die hätten auch Gebetsmühlen nach Tibet oder Kühlschränke nach Grönland exportiert. Außerdem trieben sie ihr satanisches Image auf die Spitze. Engländer eben, mit diesem ganz besonderen Sinn für Übertreibungen und Humor.
Mit der Zeit lernte man auch immer mehr Gleichgesinnte kennen und betrieb dann Tapetrading im großen Stil.
Als ich das erste mal Slayer hörte, fand ich es unglaublich, dass man so schnell spielen kann. 1986 kam dann "Reign in Blood". Was für eine Götterscheibe! Nackte Gewalt, kalte Wut in Vinyl gepresst. Bis heute unerreicht und nix für Warmduscher.
Ich hatte ja keine Ahnung, dass es noch wesentlich schneller ging. Bewusst wurde mir das endgültig 1989, als Morbid Angel mit "Altars of Madness" die Death Metal-Welle lostraten. Death Metal war aber nie meine bevorzugte Baustelle.
Im selben Jahr (1989 – oder war es 1990?) kam dann das erste Metal-Konzert: Metallica in der Dortmunder Westfalenhalle auf der "...and Justice for all"-Tour. Der absolute Wahnsinn, auch wenn ich am nächsten Tag Nackenschmerzen vom Headbangen hatte. Nein, lange Haare trug ich nie, bangen kann man auch ohne.
Das Outfit musste natürlich angepasst werden. Mein erstes Metal-Shirt (Sepultura) habe ich heute noch. Dazu die obligatorische Kutte, die leider bei einem Wohnungsbrand Jahre später ihr Ende.
Ende der Neunziger Jahre verlor ich die Metal-Szene etwas aus dem Blick, bis ich irgendwann mal wieder zum führenden Hartwurst-Magazin (Rock Hard) griff und erfreut feststellte, dass Bruce Dickinson wieder zu Maiden zurückkehrte. Sein Nachfolger am Mikro, Blaze Bayley, hatte ihn nie vollwertig ersetzen können. Ich weiss bis heute nicht, ob mir die beiden Scheiben mit Blaze Bayley am Mikro gefallen oder nicht – vermutlich letzteres.
Zwischendurch hielt man sich mit diversen Outputs anderer Bands über Wasser – aber irgendwie war der Spirit der Anfangstage weg. Bis dann plötzlich Hammerfall auf der Bildfläche erschienen und die gesamte Metal-Presse jubilierte, dass da eine ach so originelle Truppe am Start war, die guten 80er-Metal servierte.
Das war doch mal was, musste ich mir doch glatt mal anhören. Nachdem ich mir das Zeug angetan hatte, war ich der festen Überzeugung, dass sämtliche Plattenkritiker unter Drogeneinfluß gestanden haben mussten. Was sollte denn daran so toll sein? Typische 80er Mucke, aber das hatte ich alles schon gehört und zwar besser. Nämlich von den Originalen aus eben jenen achtziger Jahren.
Darauf folgte der kurzzeitige Glaubenskrieg zwischen "Nu Metal" und "True Metal". Wasn Quatsch! Wenn die jeweiligen "Nu Metal"-Gruppen auch mal zwanzig Jahre durchhalten, dann kann man ja noch mal drüber reden. Aber in zwanzig Jahren wird es die alle nicht mehr geben.
Im Jahr 2002 fand ich dann durch den Abdruck eines Leserbriefes im Rock Hard Kontakt zu einigen Essener Nachwuchs-Metallern. Einer davon hatte durch einen Dritten mal ein Tape in die Finger bekommen, dass ich für den Bruder eines guten Freundes bespielt hatte, der gerade anfing, sich näher mit der besten Musik der Welt zu beschäftigen und war prompt infiziert worden.
Meine in die ewigen Jagdgründe eingegangene Kutte hat mittlerweile einen Nachfolger erhalten und das ein oder andere Shirt kam ebenfalls dazu. Zu den ersten Maiden-Platten gesellten sich im Laufe der Jahre weitere 80 Vinyl-LPs und roundabout 350 CDs.
Eine Mitschülerin hat mich mal gefragt, was ich an diesem "Krach" so toll finde und warum die Cover der Metal-Platten immer so brutal und blutrünstig seien.
Was die Cover angeht: Irgendwie muss man sich ja von der Masse abheben. Ausserdem ist Metal nun mal anders. Nix heile Welt und Tralala. Und in Bezug auf die Musik (den "Krach"): Metal ist ehrlich. Die Musiker schreiben ihre Stücke und die Texte selber, haben was zu sagen, nehmen auch ab und an mal Bezug zu aktuellen Themen, sparen auch politisches nicht aus.
Und es gibt wohl keine andere Szene, die so entspannt und friedlich miteinander Zeit verbringt. Zusammenhalt und Loyalität werden groß geschrieben. Herkunft, Aussehen oder sozialer Status spielen überhaupt keine Rolle.
Die etablierten Acts können von ihrer Musik leben, begehen dabei aber eine Gratwanderung zwischen Akzeptanz und Ablehnung. Bestes Beispiel: Metallica. Mit ihren ersten vier Alben haben sie Meilensteine im Metal gesetzt, Klassiker produziert - bereits 1991 begingen sie mit dem fünften Output "Verrat". Die Musik wurde plötzlich dem Mainstream angepasst, man wurde 'Bravo'-kompatibel, knackte die Charts und heimste Grammys ein. Die Szene wand sich kopfschüttelnd und angewidert ab. Daran änderte auch das 1998er Coveralbum Garage Inc. nichts mehr – eben weil es ausschließlich Cover enthielt und nicht einen einzigen neuen Metallica-Song. Heute sind sie eine der größten Rock-Bands (Rock, nicht Metal!), der halbherzige Versuch mit dem 2003 erschienenen Album "St. Anger" wieder zu den Wurzeln zu finden ging grandios daneben.
Kleiner Anspieltipp: Beethovens "Neunte Symphonie" rockt wie Sau! Kein Scherz...