Dienstag, 30. Januar 2007
Outside I
Speiübel kann einem werden, wenn man Tag für Tag diese grenzdebilen Mit-'Menschen' erleben muss. Immer auf der Suche nach dem nächsten Kick um sich für kurze Zeit aus dem drögen Alltag auszuklinken. Menschenansammlungen größeren Ausmaßes ertrage ich höchstens im Stadion (wichtig is eh aufm Platz!), ansonsten geht mir das innerhalb kürzester Zeit tierisch auf den Senkel.

In überfüllten Supermärkten würde ich bei mangelnder Selbstkontrolle wahrscheinlich in die Wurstauslage kotzen oder mit einem Wischmopp bewaffnet ein Massaker anrichten. Yeah, kill!
Der Eingangsbereich ist meist noch so eben ertragbar. Links piepen und rattern die Kassen, rechts stehen die Einkaufswagen und daneben ist der eigentliche Eingang. Der Eingang zum Vorhof der Hölle!
Hat man die Pforte einmal durchschritten, gibt es nur noch eins: Augen zu und durch. Das wäre auch problemlos möglich, wenn nicht etliche Dumpfbacken dieses hehre Vorhaben zunichte machen würden.
Schon ganz am Anfang, in der Obst- und Gemüseabteilung, wartet der erste Härtetest. Im Slalom bugsiert man den klapprigen Einkaufswagen um lila-belatzthoste Öko-Tussen und Radieschen abwiegende Hausfrauen.
Unerschrocken wagt man den Vorstoß in die Fleischabteilung. Achtung, nickelbebrillte Studentin an der Wursttheke, die sich nicht zwischen Mortadella und Salami entscheiden kann. Dazu der leicht genervte Blick der Fleischfachverkäuferin, durch den Eiskristalle in der Luft entstehen und zu Boden schweben könnten. Herrlich, man leidet nicht alleine.

Und dann, ganz plötzlich und unerwartet steht sie da…sie ist etwa einsfünfundsiebzig groß und hat ihre langen, dunklen Haare leicht hochgesteckt, ihre samtbraune Haut glänzt leicht verschwitzt. Sie trägt kurze, löchrige Jeans und das dunkelblaue, eng anliegende Top endet kurz über dem Bauchnabel. Und während sie die Bananen wiegt, lächelt sie wie eine Amazone.
Genau dies sind die Momente, in denen es zu sterben wert wäre, mein Freund! Sie verkennt aber die Situation total, und das ist das Problem. Sie denkt wahrscheinlich, dass die Zucchinis schon etwas matschig und die Orangen überreif aussehen...ich denke aber nicht an "matschig“ oder "überreif".
Ich denke darüber nach, wie man sie denn am besten über die Gemüsewaage legen könnte. Ich denke darüber nach, sie vorher und nachher zu wiegen, um zu sehen, was ich gerade geleistet habe. Meine Vorstellungen schweifen hin zum schnellen, harten Sex, mit der Gurke im Arsch und der Salami im Maul, hart und ehrlich wie die Welt des Marlboro-Mannes.

Seelische Grausamkeit…schnell weiter zu den Milcherzeugnissen. Nun ist der Terminus ‚schnell’ in einem deutschen Supermarkt allerdings sehr weit dehnbar. Hat man den normalen 08/15-Einkäufer vor sich, geht es noch einigermaßen geschmeidig. In neun von zehn Fällen hat man aber das Standard-Hindernis vor sich: Die Kukident-Schwadron, die ihre Wagen überall mitten im Gang parkt. Zunächst warte ich noch geduldig, dass die rüstigen Frauen mit der Begutachtung ihrer Konservenbüchsen aus einem Zentimeter Entfernung fertig werden. Bis mir eine nachrückende Hausfrau ungebremst ihren Wagen in die Fersen gerammt hat...
Hat man alle seine Einkäufe zusammen, naht das Finale, der letzte Level, der Endgegner: Die Schlange an der Kasse!
Faustregel: Die Schlange an der anderen Kasse ist immer(!) schneller. Wechseln nützt nichts, von da an ist sie nämlich automatisch die langsamste. Murphys Gesetz ist in jedem Supermarkt überprüfbar. In jeder Warteschlange vorhanden: Die vier Reiter der Apokalypse! Nummer eins hat einen bis zum Rand vollgepackten Wagen, dessen Inhalt in kunstvollen Stapeldesigns auf dem Laufband aufgetürmt wird.
Nummer zwei bezahlt mit der ec-Karte, was dermaßen lange dauert, dass die Warteschlange prompt doppelt so lang und die Milch sauer wird.
Nummer drei ist die bereits bekannte Vertreterin der Rentner-Fraktion. Die sucht mit ihren Gichtkrallen den zu zahlenden Betrag auf den Cent genau zusammen, was aber bis zum Sankt Nimmerleinstag dauert, da sie die einzelnen Münzen so schwer voneinander unterscheiden kann – vor allem „seit dem neuen Geld“!
Nummer vier ist die völlig überforderte Gebärmaschine mit mindestens drei Bälgern, die wahlweise mit ihren Grabschpfoten in die Süßigkeitenauslage greifen, die übrigen Wartenden mit Sabber am Kinn angrinsen oder anderweitig rumquengeln.
Als weise vorausblickender Kunde weiß man ungefähr, was man zu berappen hat und hält die Scheinchen schon bereit. Die drückt man dem Menschen an der Kasse in die Hand, greift sich das Wechselgeld und packt seine Sachen ein. Und dann raus, nichts wie raus...

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